Früher Herbst ist's, man könnte auch sagen: spätwarmer Sommer, und eine schöne Zeit. Wenige Tage noch Ferien unweit des Chiemsees. Wir haben Quartier in Traunstein, mit dem Zug kaum eine halbe Stunde von Salzburg entfernt. Sollte, könnte man da nicht für einen Tag - mehr duldet der Zeitplan nicht - hinüberfahren? Angemessen vorbereitet, versteht sich. Inge, meine Frau, hat Salzburg nie gesehen, ich nur auf dienstlichen Visiten; die Erinnerungen daran sind blass und schemenhaft, wenn auch mit deutlich positiven Gefühlen verbandelt... Immerhin drängen sich Namen und Dinge auf, die für uns zu Salzburg gehören: Mozart, Trakl, von Karajan, der Joseph Mohr von der "Stillen, heiligen Nacht" und Christian Doppler, der Physiker "mit dem farbigen Licht der Doppelsterne", dazu eine Menge Barockes an Kirchen, Klöstern und Gärten, ein ganzes Album Musisches und Festliches, eine alles überragende Burg, die Alpen, die Getreidegasse und schließlich Salzburger Nockerln und Mozartkugeln. Eine unwiderstehliche Mixtur! Die sich vielleicht nicht ungern fotografieren ließe! Also fahren wir. Um es vorwegzunehmen: Unser eintägiger Aufenthalt in Salzburg wurde zu einem Erlebnis, das wir nie vergessen werden. Ein wenig wohl auch, weil uns auf Schritt und Tritt strahlender Sonnenschein das Dasein erwärmte. Nicht nur meteorologisch umtriebige Kenner der Stadt würden von einem Glücksfall sprechen. Der Salzburger Hauptbahnhof, in den der Zug aus Traunstein etwas zögerlich hineinruckelt, liegt in der sogenannten Neustadt, die in wesentlichen Teilen als alles andere als "neu" daherkommt. Deshalb zuweilen wohl auch der Name "Rechte Altstadt"... "Rechte", weil sie rechts der Salzach liegt, des Flusses, der Salzburg - in geradezu liebevoller Weise - zweiteilt. Unser Tagesweg wird uns durch den faszinierenden Mirabellgarten führen, dann über die Salzach in die Gassen der Altstadt, zum Alten Markt und zum Residenzplatz. Gegen Mittag werden wir mit der Festungsbahn zur Feste Hohensalzburg hinauffahren, die uns mit herzrührenden Ausblicken über Alt- und Neustadt und das Umland belohnen wird. Nach Rückkehr in die untere Altstadt werden wir über Residenz- und Mozartplatz spazieren, den Mozartsteg über die Salzach zurück in die Neustadt und zum Mirabellgarten wählen, dessen Anmut, Farben- und Formenreichtum uns erneut in seinen Bann ziehen wird. Leib und Seele kommen an diesem herrlichen Tag ohnehin niemals zu kurz. Was unsere Augen betört, versuche ich in Fotografien festzuhalten. Wer die Stadt beidseits der Salzach für sich gewinnen möchte, sollte einen guten kunstgeschichtlichen Reiseführer oder zunächst einfach Wikipedia und das, was Salzburg über Salzburg schreibt, konsultieren. Viel Spaß auf der fotografischen Reise durch eine Stadt, die hinreißt und begeistert! Hans-Dieter Teichmann |
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1 Durch die Neustadt zur Salzach
Vom Bahnhof über die Rainerstraße in der Neustadt erreichen wir den Mirabellgarten mit Schloss Mirabell: erster Höhepunkt unseres Salzburg-Besuchs. Schloss Mirabell entstand um 1605 als Schloss Altenau, damals noch außerhalb der Stadt gelegen. Man mag es kaum glauben: Altenau war ein Geschenk des sich recht absolutistisch gebärdenden Fürsterzbischofs Wolf Dietrich von Raitenau an seine Geliebte Salome Alt (Bild links), eine Kaufmannstochter, mit der er immerhin 15 (oder waren es 16?) Kinder zeugte. Schon 1612 wurde die schöne Bürgerliche, die alsbald in den Adelsstand erhoben worden war, durch Markus Sittikus von Hohenems, einen Cousin Wolf Dietrichs, von ihrem Landsitz vertrieben. Darauf erhielt Schloss Altenau, wohl um die Spuren der etwas schlüpfrigen Affäre vergessbar zu machen, einen klangreichen neuen Namen: Mirabell (aus mirabile = bewundernswert und bella = schön). 1721 begann die Barockisierung der Schlossanlage durch Johann Lucas von Hildebrandt. Ein Wiederaufbau des Schlosses, diesmal in weitgehend klassizistischem Stil, war dem großen Stadtbrand vom April 1818 geschuldet. Ein Schloss für eine Geliebte - doch ohne Garten? Selbstverständlich legte man auch einen Garten an. Gleichwohl wurde der Mirabellgarten, wie er sich heute in seiner barocken Formtreue und üppigen Zier darbietet, erst Ende der achtziger Jahre des 17. Jahrhunderts von Fürsterzbischof Johann Ernst von Thun in Auftrag gegeben. Architekt und Leiter der Umgestaltung war Johann Bernhard Fischer von Erlach, der uns des öfteren in Salzburg und auch anderswo begegnet. 1730 wurde die Gartenanlage - vom Salzburger Hofgarteninspektor Franz Anton Danreiter - dann noch einmal verändert (sein Plan: rechts). Bild oben: Ein erster, neugieriger Blick in den Mirabellgarten. Aus der Ferne - der Garten folgt einer Nord-Süd-Ausrichtung - winkt vielversprechend die Altstadt mit Dom und Festung Hohensalzburg herüber. Bild unten: Der Mirabellgarten mit seinen ornamentalen Blumenrabatten, Hecken und Bosketten vom Rosenhügel aus gesehen. Linker Hand Schloss Mirabell, in dessen barockem Marmorsaal heute standesamtliche Trauungen stattfinden. Beneidenswert nicht nur die Frischvermählten: Im Schloss hat auch der Salzburger Bürgermeister seinen Arbeitsplatz. Vor dem Schlosseingang, inmitten des Kleinen Parterres, der Pegasusbrunnen (siehe auch weiter unten). |
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Wir bleiben im Mirabellgarten, den Kaiser Franz Josef im Jahre 1854 für die Öffentlichkeit freigab. Oben links: Die Südfassade von Schloss Mirabell, das 1866 in das Eigentum der Stadt Salzburg überging. Daran anschließend das Große Parterre des Mirabellgartens. Oben Mitte: Ein Meer von Rosen und Spinnenblumen im Großen Parterre, mit Teilansicht des ehemaligen Orangeriegebäudes von 1725. Oben rechts: Typisch für barocke Gärten die Integration - oder doch schon "Inklusion"? - eines sogenannten Zwergengartens. Im Salzburger Zwerg(er)l- oder Zwergelgarten, Teil des Mirabellgartens, fanden 1691/92 28 der kleinen, aber ungemein ausdrucksvollen Figuren, aus Marmor vom heimischen Untersberg, ihre Bleibe. Endgültig war ihr Domizil indessen nicht, wurden doch 1811 die meisten der anmutigen Wichtel aus - sagen wir mal - irregeleitetem Geschäftssinn verhökert. 17 Zwerginnen und Zwerge haben die reumütigen Salzburger inzwischen an unterschiedlichen Orten wiederentdeckt und heimgeholt; ein paar davon lassen sich heute unweit des ursprünglichen Aufstellungsortes bewundern. Die komplette Wiedervereinigung der Figuren steht indessen noch aus. Auf unserem Bild die "Zwergin mit dem Zwiebelbund" - und Inge als Vergleichsmaßstab... Unten: Die Pegasus-Skulptur des "Erzbischöflich-Österreichischen Possierers" mit deutschem Migrationshintergrund Caspar Gras (1585-1674). Das geflügelte Ross, 1661 ursprünglich für die Pferdeschwemme am Kapitelplatz aus Kupfer getrieben und dort auch aufgestellt, machte ab 1913 - nach einer etwas umständlichen Odyssee - späte Karriere als Brunnenfigur und Fotomodell vor Schloss Mirabell. |
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Schweren Herzens nehmen wir Abschied von Mirabell und trösten uns damit, dass wir am Ende unseres Spazierganges durch Salzburg noch einmal kurz zurückkehren werden. Vor uns liegt der Makartplatz, benannt nach dem Salzburger Maler Hans Makart (1840-84) (Bild links); von dort ist es nur ein Katzensprung bis zum Makartsteg und über die Salzach. Unten links: Anmutend wie ein Palast die nach römischem Vorbild gebaute und 1699 schon einige Jahre vor ihrer Fertigstellung konsakrierte Dreifaltigkeitskirche des Barockbaumeisters Fischer von Erlach direkt am Makartplatz. Sie ist in der Rechten Altstadt der größte Kirchenbau aus der Zeit der Fürstbischöfe. Linker Hand das renommierte Fünf-Sterne-Hotel Bristol, einst Stadtpalais für Adelsfamilien und dann - kaum zu glauben - zeitweilig Torf-Kraftwerk zur Erzeugung elektrischen Stroms, 1887 erstes Elektrizitätswerk in Österreich-Ungarn. Erst später mutierte das daraus entstandene "Elektricitätshotel" zum "Bristol"... Unten rechts: Blick vom Makartsteg (nur für Fußgänger und Radfahrer) auf die Staatsbrücke und die Linke Altstadt. Rathausturm, Domkuppel und Festung Hohensalzburg treten schon recht prägnant in Erscheinung. |
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